Eine Strategie bildet die Leitplanken bei agilen Arbeitsweisen

Eine Strategie zu entwickeln ist die wichtigste Managementaufgabe in einem Unternehmen. Sie bildet die Grundlage für das Geschäftsmodell. Eine Strategie zeigt die Gestaltungsmöglichkeiten und Beschränkungen im Unternehmen auf. Das gilt ganz besonders bei agilen Arbeitsweisen, da die Strategie den Rahmen für das eigenverantwortliche Handeln der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schafft. Sie bietet die notwendige Orientierung und gibt damit den Mitarbeitern das Selbstbewusstsein eigene Entscheidungen zu treffen. Warum ist das so?

Eine Strategie geht von einer Vision mit einem Ziel aus und grenzt die Möglichkeiten zu seiner Erreichung ein. Wenn das Gegenteil einer Strategie zur Zerstörung des Unternehmens führt ist es keine Strategie, sondern eine „Trivialstrategie“. Den Umsatz um 25% zu steigern ist also keine Strategie, sondern das Ergebnis einer Strategie.

Ziele und Zielkonflikte

Das strategische Ziel ist immer ein Sollzustand der aus einer Ist-Situation heraus in einem bestimmten Zeitraum erreicht werden soll.

Eine Strategie ist jedoch stets mit Zielkonflikten verbunden, da es Aktivitäten gibt die sich ausschließen. Um in unserem Bild zu bleiben kann z.B. eine Branchensoftware die sich auf die Kinder- und Jugendhilfe spezialisiert hat nicht gleichzeitig die Prozesse der Altenpflege erfüllen, obwohl beide Zielgruppen in der Branche Sozialwirtschaft tätig sind. Natürlich gibt es Ähnlichkeiten. Will man diese ausschöpfen ist das Ergebnis jedoch immer ein Kompromiss. Dies kann zwar eine bewusste Entscheidung sein aber es muss klar sein, dass dann bestimmte Spezialitäten einer Seite nicht erfüllt werden könne. Exzellenz ist so für eine der beiden Zielgruppen nicht möglich. Ist dies Gewünscht muss es im Unternehmen besonders gut kommuniziert werden ansonsten überträgt sich der Zielkonflikt ganz tief ins operative Anforderungsmanagement.

Ein anderes, mehr ökonomisches Beispiel ist: Ein Unternehmen möchte Software vor allem billig auf einem Massenmarkt verkaufen. Dann kann es nicht gleichzeitig einen kostfreien Support anbieten. Ökonomisch schließt sich das aus, da ein Support durch seine hohen Personalkosten die Rendite senkt.

In beiden Fällen muss also eine Wahl getroffen werden. Hier ist auch die größte Gefahr im Management versteckt. Bei strategischen Zielen schließen sich Kompromisse aus, da die Ziele sonst konfus werden und für die Menschen im Unternehmen und im Zielmarkt nicht mehr nachvollziehbar sind. Die Folge ist, dass sich die Menschen abwenden. Im Markt gehen die Kunden zu Wettbewerbern wo diese Konfusion in den Zielen nicht vorherrscht. Im Unternehmen entsteht eine hohe Unsicherheit und diese führt zur Ineffizienz.

Klare strategische Ziele müssen also Zielkonflikte ausschließen. Bei gewollten Kompromissen müssen diese transparent und nachvollziehbar gemacht werden.

Rahmenbedingungen und Handlungsspielräume

Damit die Zielrichtung nicht in einer völligen Beliebigkeit mündet braucht das Unternehmen strategische Handlungsleitlinien oder auch Handlungsspielräume in dem sich die Teams zur Zielerreichung möglichst eigenverantwortlich bewegen können. Das Management legt diese Rahmenbedingungen und Leitlinien fest in denen sich die Teams bewegen können. Es ist nach meiner Erfahrung unmöglich, dass sich Mitarbeiter selber diese Leitlinien erarbeiten können. Wir werden unten weiter noch sehen woran das vor allem liegt (vgl.: Spielregeln in agilen Strukturen). Diese Leitlinien müssen passgenau zum strategischen Ziel entwickelt werden. Dabei können diese Leitlinien Budgets sein, Teamstärke, technische Möglichkeiten aber auch gesetzliche Normen. Vor allem sind die Rahmenbedingungen aber immer die definierte Zielgruppe.

Auf diese Leitlinien und Handlungsspielräume wirken immer wieder Kräfte, sog. Einflussfaktoren, die durch das Team ausgeglichen werden müssen. Aus der Aufgabe die Marktreife Konstant zu halten erwachsen hier die größten Umsetzungskonflikte.

Einflussfaktoren

Eine Strategie unterliegt verschiedenster Einflussfaktoren die auf die definierten Möglichkeiten zur Zielerreichung einwirken. Es lassen sich grundsätzlich vier Hauptbereiche der Einflussfaktoren identifizieren (vgl.: Osterwalder, Pigneur, S.: 203 ff):

  • Marktkräfte (Zielgruppe, Kunden, Anforderungen, Preisbewusstsein etc.)
  • Branchenkräfte (Verbände, Wettbewerber, Lieferanten, Dienstleister etc.)
  • Schlüsseltrends (technische Möglichkeiten und gesetzliche Rahmenbedingungen, Gesellschaftliche Trends etc.)
  • Makroökonomische Kräfte (Kapitalmärkte, globale Einflüsse, Ökonomische Infrastruktur)

Diese Einflussfaktoren müssen für jedes Produkt und oder Unternehmen individuelle definiert werden. Alle vier Einflussfaktoren sind eingebettet und damit abhängig vom Zielmarkt und der Zielgruppenpositionierung.

Die Einflussfaktoren müssen durch die Produkt-Teams beobachtet und bei Risiken an das Management berichtet werden. Da die Leitlinien und Handlungsspielräume die Orientierung bieten nicht eigenmächtig durch die Teams durchbrochen oder verändert werden dürfen. Ein Ausbrechen aus den Leitlinien ist somit zu verhindern. Wenn die Teams jedoch feststellen, dass sie Rahmenbedingungen verändern oder sich verändert haben müssen durch das Management eine Veränderung des Ziels oder der Rahmenbedingungen durchgeführt werden.

Strategien sind nicht in Zement gegossen!

Strategien müssen regelmäßig auf allen Ebenen und von allen Beteiligten überprüft werden. Die Änderungsverantwortung obliegt jedoch der Führungskraft. Es ist eine wichtige Aufgabe des Managements zu unterscheiden was sind Leitlinien, Handlungsspielräume, kurz Regeln und wann mischt sich die Führungskraft in die Umsetzung ein. Rahmenbedingungen dürfen sich nämlich nicht inhaltlich auf die Umsetzung einwirken (dazu später mehr unter: Die Produkt-Triade als zentrale Führungsrolle).