Was bedeutet eigentlich Marktreife bei Software?

Software hat die Aufgabe Arbeitsprozesse in der Zielgruppe zu unterstützen, abzunehmen oder zu erleichtern. Dies geschieht in der Regel durch Funktionen, Workflows oder auch Automatisierungen. Die Marktreife beschreibt wieviel Prozent der benötigten Prozesse in der Zielgruppe durch die Software unterstützt werden. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass ein Produkt reif für die Einführung am Markt ist, wenn 60% der in der Zielgruppe benötigte Prozesse unterstützt werden. Damit fangen die Innovatoren in der Zielgruppe an die Software einzusetzen. Dieser Zielgruppe muss hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden. Sie sind die Wenigen die später Kunden mitziehen. Sie sind diejenigen die „hier“ rufen wenn die Mehrheit fragt wer das Produkt denn schon einsetzt. Über die Early Adopter ist schon hinlänglich geschrieben worden. An dieser Stelle möchte ich nur noch drauf hinweisen, dass sich über sie die Marktreife immer wieder gut ermitteln lässt. Sie sind ehrlich, wohl gesonnen und wissen um die Schwierigkeiten in dieser frühen Phase.

Die höchste Marktreife eines  standardisierten Produktes ist erreicht, wenn 80%-85% der benötigten Prozesse in der Zielgruppe in dem Produkt unterstützt werden. Mehr ist für ein standardisiertes Produkt nicht möglich. Alles darüber sind Individualprogrammierungen. Ab einer Marktreife von ca. 75% muss man also sehr genau darauf achten was für Anforderungen man Umsetzt und welche nicht.

Zur Einteilung in welcher Phase die Software sich befindet habe ich ein 7 Phasenmodel der Produktreife gewählt. Ist das Produkt in der Erwachsenenphase (vergleichbar mit einem Teil der klassischen Reifephase) muss darauf geachtet werden, dass die Marktreife konstant gehalten wird. Konstant bedeutet auch Funktionen wieder auszubauen wenn sie nicht mehr zu den benötigten Prozessen in der Zielgruppe gehören. Konstanz bedeutet aber auch die Softwarearchitektur und Usability auf der Höhe der Zeit zu halten. Dies ist eine Aufgabe die ein Produktmanager alleine nicht bewältigen kann. Die Kooperation zwischen Architekten, Designer, Entwicklern, Vertreib, Marketing, Produktmanager oder Produkt Owner und Kunden ist für die Konstanz der Marktreife unerlässlich.

Um die Marktreife erheben zu können muss man die Zielgruppe ziemlich gut kennen. Es braucht eine Prozesslandkarte die alle Prozesse abbildet die in der Zielgruppe durchgeführt werden. Das sind 100% Marktreife. Jetzt müssen die wichtigsten 80% identifiziert werden Es hilf dazu einen Funktionskatalog zu erstellen. Beide Metriken müssen immer wieder in der Zielgruppe überprüft werden. Gegen diese Metriken werden die tatsächlichen Funktionen gehalten. Die Entwicklung der Prozesslandkarte sollte spätestens in der Lebensphase der Schulzeit durchgeführt werden.

Wird die Marktreife regelmäßig erhoben ist die Kennzahl nicht nur ein gutes Vertriebsinstrument, sondern auch eine Qualitätskennzahl die als Frühwarnindikator zu sehen ist. Nach meiner Erfahrung sinkt nämlich dummerweise immer die Marktreife bevor der Umsatz sinkt.

Warum der Umsatz ihnen nicht verrät, dass sie in Schwierigkeiten sind?

-Eine Polemik-

Sie sind mit Ihrem Umsatz zufrieden, abgesehen davon, dass es immer bessergehen kann? Ja? …

Ok!

Dann habe ich mal sechs Fragen:

  • Steigt die Anzahl der Fehlermeldungen im Verhältnis stärker als die Anzahl der Kunden?
  • Werden Anforderungen zu spät oder gar nicht umgesetzt?
  • Wie hoch ist die Unzufriedenheitsrate bei Ihren Kunden?
  • Wie lange dauern Entscheidungen in Ihrem Unternehmen?
  • Wissen Ihre Mitarbeiter warum sie im Unternehmen arbeiten?
  • Sind Ihre Wettbewerber schneller?

Nach meiner Erfahrung sagt der Umsatz überhaupt nichts über den Erfolg eines Unternehmens aus.

Bevor der Umsatz sinkt werden immer erst die Kunden unzufrieden. Warum ist das so?

Ein Produkt hat die Aufgabe Arbeitsprozesse in der Zielgruppe zu unterstützen, abzunehmen oder zu erleichtern. Dies geschieht in der Regel durch Funktionen, Workflows oder auch Automatisierungen. Bei Software ist es also wichtig, dass der Anwender mit der Software deutlich schneller und sichere Arbeiten kann, als ohne die Software. Wird dieses Nutzenversprechen nicht oder nur schlecht eingelöst wird der Kunde unruhig.

Wie lässt sich jetzt erkennen, dass diese Kundenunruhe zum Risiko wird?

Software ist niemals Fehlerfrei. Also sind Fehlermeldungen normal. Je mehr Kunden ein Produkt nutzen, desto mehr Fehler werden auch gemeldet, da die unterschiedlichen Nutzer die Software eben auch unterschiedlich verwenden. Steigt jedoch die Anzahl der Fehlermeldung überproportional zu dem Kundenanstieg ist das ein Zeichen, dass irgendetwas im Argen liegt.

Das Gleiche gilt auch für Anforderungen. Hier gilt normalerweise die gleiche Logik.

An dieser Stelle bringe ich immer noch die Marktreife als wichtigen Indikator ins Spiel. Die Marktreife beschreibt wieviel Prozent der benötigten Prozesse in der Zielgruppe durch die Software unterstützt werden. Sinkt dieser Wert wird in der Folge, leider verzögert, die Kundenzufriedenheit sinen.

Sind alle drei Metriken negativ stecken Sie schon mitten im Risiko. Kunden rufen vermehrt an, der Helpdesk ist überfordert, sie stellen mehr Supporter ein, damit die Kunden ruhiggestellt werden. Damit beginnt die Abwärtsspirale, da Sie damit das Absenken des Deckungsbeitrags eingeläutet haben.

Aber auch im Unternehmen gibt es Indikatoren. Steigen die Fehlermeldungen und Anforderungen schneller als sie zu lösen sind müssen auch schneller Entscheidungen getroffen werden. Manchmal hilft ein klares nein. Dafür muss aber Verantwortung für Entscheidungen der Vergangenheit übernommen werden und wer macht das schon gerne, besonders wenn er das selber nicht mal zu verantworten hatte? Als Folge werden die Entscheidungen hin und her geschoben. Es gibt eMail Ping-Pong und mache notwendige Entscheidung gammelt in irgendeinem Postfach vor sich hin. Kurz: notwendige Entscheidungen dauern länger.

Wenn Sie jetzt zu Ihren Mitarbeitern gehen und Fragen warum er eigentlich in Ihrem Unternehmen arbeitet und er kann darauf nichts sagen oder verliert sich in Allgemeinheiten ist Ihr Unternehmen in einer Krise.

Und geht es Ihnen manchmal so, dass sie sich Fragen warum die Wettbewerber schneller oder Innovativer am Markt sind? Wenn das der Fall ist stecken sie mitten im Innovationsstau.

Der nächste Schritt ist der signifikante Umsatzrückgang.