Agile Methoden helfen bei der Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft

Digitalisierung in der Wohnungswirtschaft hat viele Fassetten. Zurzeit schweben viele Schlagworte durch den Raum: Internet der Dinge, Smart Home, AAL, Smart City, Prozessoptimierung, automatisiertes Service Management, Self Services, Big Data etc.

In der Studie „Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft – Chancen und Risiken“ aus dem Sept. 2017[1] wurden 4 Wirkpunkte in einer sog. Innovationsmatrix identifiziert.

In dieser Darstellung werden Daten in den Mittelpunkt aber auch als zentrales Austauschmoment gestellt. Am Beispiel von Smart Home Lösungen lässt sich sehr gut die Digitalisierung durch alle vier Cluster verfolgen.

Nehmen wir das Beispiel Heizungssteuerung. Initial wird eine Heizungssteuerung via Smart Home durch den Mieter an den Heizkörpern eingebaut. Es unterstützt im ersten Schritt das individualisierte Wohnen. Der Mieter spart durch intelligente Heizungssteuerung Geld und gewinnt Komfort. Durch eine Vernetzte Steuerung mit Fenster Kontakten wird das Gebäude Intelligent. Wird z.B. im Winter gelüftet fahren automatisch die Heizungen im Zimmer runter. Das lässt sich auch mit Luftbefeuchtern und Außentemperaturen koppeln oder auch mit Anwesenheit. Smart Home steigert damit das individualisierte Wohnen mit Hilfe Intelligenter Gebäude, erst einmal ohne dass der Eigentümer eine bauliche Veränderung durchführen muss. Spielen wir das Model weiter. Was wäre wenn sich darüber nun auch die Abrechnungen regeln lassen würden. Durch die zentrale Datenhaltung könnte die Heizkostenabrechnung zentralisiert werden. Auch wenn hier noch einige Dinge technische zu lösen sind ist dies der nächste logische Schritt. Wir wandern nun also zum Cluster Betriebliche Optimierung. Die Kombination dieser drei Cluster führt uns direkt zum vierten. Bauen Sie als Eigentümer die Smart Home Lösung ein und bieten Sie diesen ihren Mieter als Differenzierungsmerkmal an, haben sie eine neue Kundenansprache. Sie könnten auch in den Communitys ihrer Objekte Wettbewerbe, wer am besten mit Smart Home Energie spart durchführen. Der Mieter kann seine Nebenkosten in Echtzeit im Blick halten und regulieren. Im ersten Schritt die Abschläge anpassen, aber wer sagt nicht, dass in ein paar Jahren eine Echtzeitabrechnung möglich ist.

Für jeden der vier Digitalisierung-Cluster lassen sich aktuelle Beispiele aber auch noch zu entwickelnde Innovationen finden.

Eine weitere Entwicklung macht sich in der Wohnungswirtschaft bemerkbar: Durch die Digitalisierungen der Kommunen, vom Versorger und Entsorger bis zur Stadtverwaltung werden von den Wohnungsunternehmen weitere Prozessdigitalisierungen verlangt.

Inzwischen gibt es unzählige Anbieter für Lösungen zu den unterschiedlichsten Themen der Digitalisierung. Dabei werden die meisten Angebote von der Lösung her gedacht und stehen als Einzel-Lösung da. Intelligente Steuerung der Haustechnik, Gesundheitsüberwachung, Lichtsteuerung usw. Wie im Gesundheitsbereich auch gibt es in der Wohnungswirtschaft keine standardisierten Schnittstellen oder gar Lösungsübergreifende digitale Plattformen. Zu viele unterschiedliche Interessen treffen auf einander. Jeder möchte sich ein großes Stück vom Kuchen abschneiden.

Digitalisierung wirkt nach Innen (Prozessautomatisierung und –Optimierung, Wirtschaftlichkeit, Gebäudetechnik) und nach Außen (Kundenbindung, Individualisierung, Komfort). Beide Aspekte tragen zur Risikominimierung und Erfolgssteigerung eines Wohnungsunternehmens bei. Gerade weil beide Aspekte der Digitalisierung zusammen wirken braucht es eine einheitliche Digitalisierungsstrategie. Im Mittelpunkt der Strategieentwicklung steht der Mensch, denn ohne Mieter macht ein Wohnungsunternehmen schlicht keinen Sinn. Eine gut durchdachte und sich immer wieder an Veränderungen anpassende Strategie wird so zum Differenzierungsmerkmal eines Wohnungsunternehmens im Markt.

Bei all den Überlegungen zur Digitalisierung und den dadurch ausgelösten Veränderungen macht es Sinn vom Mensch und Nutzen her zu denken und nicht vom technische machbaren.

Was braucht der Kunde? Was braucht das Unternehmen?

Wie werden Mitarbeiter und Mieter bei der Digitalisierung des Unternehmens mitgenommen?

Was ist die richtige Strategie, jenseits von technischer Machbarkeit?

Wie werden tragfähige Geschäftsmodelle entwickelt?

Mit agile Methoden aus der Welt der Softwareentwicklung werden systematisch und damit nachhaltige Lösungsvorschläge in kurzer Zeit erarbeitet. Sie setzten bei allem Handeln die Zusammenarbeit von Menschen in den Mittelpunkt. Somit sind agile Methoden die beste Grundlage für die Entwicklung und Umsetzung erfolgreicher digitale Strategien.

Was bedeutet agiles Handeln?

Erst einmal bedeutet es: Beweglich auf Veränderungen zu reagieren und den Kunden beim „Bewegen“ im Mittelpunkt zu halten.

Grob zusammengefasst ist der Kern agiler Arbeitsweisen, große Themen in kleine Arbeitspakete zu zerlegen. Diese Arbeitspakete werden dann durch Versuche, mittels Prototypen, zusammen mit dem Kunden überprüft, um schneller und besser festzustellen was der Kunde eigentlich braucht. Durch sich schrittweise annähernde (iterative) Prozesse entstehen exzellente, kundenorientiertere Ergebnisse. Für diese Arbeitsweisen sind verschiedenen Methoden wie Design Thinking entwickelt worden.

Im Mittelpunkt agiler Arbeitsweisen stehen vier Thesen:

  1. Alle Beteiligten (Mitarbeiter und Kunden) eines Teams wissen zusammen besser was richtig ist als ein einzelner (Manager).
  2. Die Menschen in der Nähe zum Geschäftsumfeld (also dem Kunden und Partner) wissen besser was notwendig ist, als die Führungskräfte im inneren des Wohnungsunternehmens.
  3. Individuen und Interaktionen sind wichtiger als sich stur Prozesse zu halten und standardisierte Werkzeuge zu suchen.
  4. Das Reagieren auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans

Agile Methoden stellen die Wichtigkeit der unterschiedlichen Erfahrungen und die interdisziplinäre, bereichsübergreifende Zusammenarbeit in den Mittelpunkt des Handelns. Agile Methoden setzen stark auf die Unterschiedlichkeit im Unternehmen. Die Zusammenarbeit von Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten ist somit das zentrale Prinzip. Vor allem aber erkennt diese Methode an, dass jeder im sozialen Netzwerk des Unternehmens, also auch der Kunde, der Hausmeister und die Sekretärin Teil des Erfolgs sind. Die zentrale Führungsprämisse in agilen Strukturen ist demnach die Zusammenarbeit zu fördern.

Damit Zusammenarbeit funktioniert ist es notwendig das die Menschen sich und ihre Fähigkeiten gegenseitig anerkennen. Zusätzlich müssen sie ein gemeinsames Problembewusstsein und eine gemeinsame Definition von Erfolg haben.

Agile Teams bilden sich immer um ein Produkt/Objekt oder einer Dienstleistung herum. Kleinteiliges Arbeiten zerstört den Blick aufs Ganze und verbaut dadurch die Chance ungewöhnliche Lösungswege zu finden. Gerade aus diesem Grund muss es in agilen Teams auch hochgradige Spezialisten mit spezialisierten Lösungsansätzen geben. Diese diskutieren Ihre Erfahrungen aber dann mit allen, um die Auswirkungen auf das Ganze nicht aus dem Blick zu verlieren aber gleichzeitig so auch allen anderen eine neue Perspektive bieten. Durch Transparenz der eigenen Handlungen und Entscheidungsgrundlagen wird das dafür notwendige Vertrauen erzeugt.

Wie kann dieses Arbeitsweise beim Digitalisieren in der Wohnungswirtschaft helfen.

Schauen wir uns ein agiles Team und ihre Arbeitsweise aus dem Design Thinking an:

Um ein Objekt oder Quartier wird das Team zusammengestellt. Wichtig ist, dass die Besetzung aus der Peripherie des Produktes kommt. Also Objektbetreuer, und Hausmeister, etc.

Im ersten Schritt wird eine gemeinsame Problemdefinition aus der Innovationsmatrix herausgearbeitet. Im nächsten Schritt wird das Team um Kunden oder Partner erweitert. Es geht jetzt darum die Bedürfnisse zu identifizieren die zu einem wertschöpfenden Mehrwert fürs Unternehmen führen.

Daraus entstehen Ideen und konkrete Handlungen.

Jetzt kommt der wichtige Moment das Verproben. Es werden Prototypen gebaut oder Dienstleistungsgeschichten entwickelt. Das wird wieder mit den Kunden und Partnern direkt getestet, um anschließend zu prüfen sind damit die Probleme gelöst oder muss ggf. die Problemdefinition angepasst werden. Je nach Problemstellung kann so ein Microzyklus an einem Tag durchgeführt werden aber auch in mehreren Tagen. Mit jedem Kreislauf wird aus dem Prototyp eine immer funktionalere Lösung. Erst wenn sich das agile Team sicher ist, dass mit der Lösung das Problem auch wirklich gelöst werden kann wird aus dem Prototyp ein Produkt.

Wird die Methode um einige Elemente erweitert lassen sich damit ganze Digitalisierungsstrategien entwickeln. Dabei müssen vor allem die Besetzungen des Teams anders vorgenommen werden. Aber immer getreu der Prämisse:

Die Menschen in der Nähe zum Geschäftsumfeld (also dem Kunden und Partner) wissen besser was notwendig ist, als die Führungskräfte im inneren des Wohnungsunternehmens.

Mit diesen agilen Arbeitsweisen versichert man sich frühzeitig, bevor teure Entwicklungskosten aufkommen, ob man das richtige für den Kunden macht. So entstehen Innovationen die verkaufbar sind und damit zur Wertschöpfung des Unternehmens beitragen. Durch die Zusammenarbeit mit Kunden wird zusätzlich noch eine hohe Kundenbindung erzeugt, die sich auch wieder als Differenzierungsmerkmal vermarkten lässt.

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[1] Torsten Bölting, Dr. Thomas Königsmann, Michael Neitzel: Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft – Chancen und Risiken, Studie im Auftrag der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID), Berlin (www.bid.info), InWIS, Bochum Sept. 2016

Erfolgsdefinition ist der Anfang

Was treibt Menschen an? Der Wunsch nach Erfolg.

Das klingt vielleicht nach einer Provokation. Es gibt durchaus Menschen, die glauben, dass wir alle auf der Suche nach „glücklich sein“, Weisheit und Erkenntnis sind. Diese erreichen zu wollen, ist die treibende Kraft von Menschen. Ich hingegen vertrete den Standpunkt, dass Glück, Weisheit und Erkenntnis schlicht Erfolg ist. Damit ist die Erfolgsdefinition eine Universalie.

In einer ersten Definition ist Erfolg demnach: Das Erreichen von selbstgesetzten Zielen. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Individuum sich diese Ziele gesetzt hat oder eine Gruppe, wie z.B. ein Unternehmen. Glücklich zu sein bedeutet folglich zuerst einmal „etwas erreicht zu haben“. Nach meiner Auffassung muss diese Zielerreichung anerkannt werden. Sie verlangt Bestätigung, sonst weiß der Mensch ja gar nicht, ob er sein Ziel wirklich erreicht hat.

Anerkennung ist somit eine Kennzahl, um den Erfolg zu messen. Es gibt verschiedene Arten der Anerkennung. Manchen Menschen reicht es, sich selbst anzuerkennen. Andere wünschen sich diese Anerkennung von außen. Zur Definition Erfolg gehört folglich auch die Referenzgröße: „von wem möchte ich Anerkennung?“.

Um ein Ziel zu erreichen, muss ich vorher allerdings etwas dafür tun, eine Leistung erbringen. Erfolg ist demnach in der zweiten Definition: Anerkennung von Leistung.

 

Wird Anerkennung von anderen Menschen gewollt, kommt zur Anerkennung eine soziale Komponente. Der Ausspruch „sieht der/die aber glücklich aus!“ ist somit eine sozial anerkannte Leistung für das selbst gesteckte Ziel „glücklich zu sein“. Somit ist es Erfolg. Jeder muss für sich selbst klären, ob er diese soziale Anerkennung wollte oder nicht. Für mich fühlt sich soziale Anerkennung immer gut an, auch wenn ich das vorher nicht beabsichtigte.

Zusammengefasst definiert jeder Mensch für sich, was für ihn Erfolg ist, woran er erkennt, dass er erfolgreich war und ob, bzw. von wem er sich Anerkennung wünscht. Erfolg und dessen Definition davon ist folglich die Grundlage sinnhaften Handelns.

Es gibt aber auch einen Zusammenhang von Erfolg und Stress und Burnout. Meiner Auffassung nach ist dies ganz einfach damit zu erklären, dass die Erfolgsdefinition bei gestressten Menschen fremdbestimmt ist. Lege ich die Definition von Erfolg für mich fest und gleiche sie dann z.B. mit dem Unternehmen ab, bei dem ich arbeite, merke ich schnell, ob ich in Stress gerate. Das trifft immer dann zu, wenn ich versuche, einer fremdbestimmten Erfolgsdefinition hinter her zu laufen, an die ich nicht glaube.

Nun stellt sich für mich die Frage: „Ist Erfolg die Triebfeder von Leistung“?

Die Wurzel des Begriffs Leistung kommt von leisten aus dem Althochdeutschen (9. Jh.): „Ein Gebot befolgen, ausführen, einer Pflicht nachkommen“ und dem Angelsächsischem lēstian ‘befolgen, ausführen, erfüllen, tun’ und dem Mittelniederdeutschen: lēsten und Altenglischem: lǣstan „Gefolgschaft leisten, folgen, helfen, tun, aushalten“ („Historisch: freiwillige Vereinigung eines germanischen Adligen mit jungen Standesgenossen, die auf gegenseitiger Treueverpflichtung beruht“ (https://www.dwds.de/wb/Gefolgschaft am 02.08.2017). Der Begriff Leistung ist dann im 16. Jahrhundert aus dem Spätmittelhochdeutschen leistunge „Übernahme einer Verpflichtung, einer Zusage“ zu Leistung als „Ergebnis einer körperlichen oder geistigen Arbeit, das Vollbrachte, Geleistete“ geworden (vgl.: https://www.dwds.de/wb/Leistung und ebd). Die Wurzel der Leistung liegt in der freiwilligen Umsetzung einer Zieldefinition mit körperlichen und geistigen Mitteln. Etymologisch ist der Leistungsbegriff klar mit einem Auftraggeber oder einem Bündnispartner verbunden. Aber auch damit, dass die Erbringung der Leistung manchmal von einem verlangt, bei Widerständen durchzuhalten. Besonders gut gefällt mir die Wandlung der Bedeutung „Leistung“ von „Pflicht nachkommen“ zu „Gefolgschaft leisten, folgen, helfen“. Damit wird die gewollte Erbringung von Leistung zu einem zentralen Thema bei Kooperation und Zusammenarbeit.

Eine dritte Definition von Erfolg, diesmal im Unternehmenskontext:

Erfolg ist sozial anerkannte Leistung, die durch körperliche und/oder geistige Arbeit in dem Bewusstsein der Zugehörigkeit zu einem Unternehmen erbracht wird.

Damit ist eine gemeinsame Erfolgsdefinition die wichtigste strategische Kennzahl und die Grundlage von überprüfbarem Unternehmenserfolg. Ohne gemeinsames Verständnis im Unternehmen für diese Erfolgsdefinition können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens nicht zusammen in eine Richtung laufen. Führung bedeutet Transparenz und Verständnis für die Erfolgsdefinition herzustellen. Im besten Fall wirkt das Team sogar an der Erfolgsdefinition mit.

Wir müssen zuerst verlernen was wir wissen – Eine Begegnung mit der documenta 14

An dieser Stelle habe ich mich schon häufig über Macht, freiheitlichem Handeln und agilen Methoden, bei denen der Versuch und Irrtum im Mittelpunkt steht, ausgelassen. Mich beschäftigt seit Langem die Interdisziplinarität der agilen Methoden die ohne Anerkennung des Anderen aber ohne die Offenheit für Neues nicht funktioniert.

Über den Tellerrand der eigenen Welt hinweg zu schauen macht es möglich Neues zu denken. Im Gegenzug ist die Gewissheit, also die Sicherheit das Richtige zu wissen und zu tun, Stillstand und die Grundlage von Macht. Die Gewissheit ist damit der Feind der Innovation. Wie kann ich Gewissheit immer wieder in Frage stellen?

In diesen Tagen findet in Kassel die dokumenta 14 statt. Die Kunstausstellung ist sicherlich eine der bedeutendsten Kunstausstellung für Gegenwartskunst. Sie findet nur alle 5 Jahre statt. Entstanden ist die documenta in den 50er Jahren auch als Produkt des Marschall Plans und damit auch als Teil des moralischen Wiederaufbaus Deutschlands. In den letzten Jahrzehnten hatte der künstlerische Leiter der documenta immer völlige Freiheit bei der Umsetzung der documenta. Oft wurden dadurch Kontroversen, nicht nur in Kassel selbst, ausgelöst. Auf der Website der Stadt Kassel gibt es einen guten, kurzen Überblick der vergangen documenten.

In diesem Jahr beschäftigt sich der künstlerische Leiter Adam Szymczyk sehr stark mit der Rolle von Macht und Kolonialisierung und die darauffolgende Dekolonialisierung in der Welt. Er fragt auch danach welche Rolle die Kunst bei diesem Spiel der Macht spielt und gespielt hat. Kolonialismus meint unter heutigen Gesichtspunkten auch die Krise in Griechenland. Die westliche Staatengemeinschaft sagt in diesem Prozess was Richtig und Falsch ist und unterwirft damit das griechische Volk. Aus diesem Grund hat er auch Griechenland als zweiten Ausstellungsort, ein Novum für die documenta, ausgewählt. Ich möchte mich an dieser Stelle nicht weiter in bestimmten Weltbildern verlieren. Ich möchte lieber dazu aufrufen sich als Mensch, der sich mit agilen Arbeitsweisen auseinandersetzt, auch mit Kunst auseinander zu setzen.

In der Kunst besteht die Möglichkeit sich mit anderen Perspektiven konfrontieren zu lassen. So wird man in Kassel gleich auf dem zentralen Friedrichsplatz mit einem imposanten Werk konfrontiert: dem Parthenon der verbotenen Bücher

In diesem Kunstwerk sind Bücher enthalten die irgendwo auf der Welt verboten sind oder verboten waren. Ich war sehr erstaunt welche Bücher ich dort entdeckt habe. So war auch Harry Potter dort zu finden. Ein Buch, dass uns in unserem Weltbild doch so harmlos erscheint.

Im Begleitbuch zur documenta 14 ist zu lesen, dass Macht durch den Einsatz von Wahrheitsregimen ausgeübt wird. Besonders in der Kolonisierung wurde die absolute Wahrheit und Gewissheit des Kolonisten über das eigene Handeln in den Mittelpunkt gestellt.

Immer wieder bin ich bei meiner Wanderung über die documenta 14 auf Orte getroffen wo Künstler sich mit der Macht der Gewissheit auseinandersetzen.

Je länger ich mich jedoch damit auseinander setze umso klarer wurde mir das Hauptproblem. Wenn die Kolonisten das Land verlassen und es zur Dekolonialisierung kommt entsteht absolute Orientierungslosigkeit. Der Wahrheitsanspruch des Mächtigen war zwar unterdrückend aber stiftete auch eine gewisse Ordnung. Diese war nun weg und hinterließ ein Vakuum was oft durch totalitäre Weltbilder gefüllt wurde. Es dauerte dann nicht Lange bis dies ins Chaos führte.

Was passiert bei der Transformation eines Unternehmens in ein agiles Unternehmen? Feste Wahrheiten die durch die Macht der Manager über Jahrzehnte gepredigt wurden sind plötzlich einfach weg. Der Weg ins Chaos ist vorprogrammiert wenn die Mitarbeiter nicht von Anfang an empowered, also befähigt und ermächtigt (vgl. Zusammenarbeit) werden.

Kunstschaffende sehen sich immer wieder in der Rolle kritisch Veränderungen in Frage zu stellen. Wir Berater müssen uns auch so verstehen. Wir müssen einen kritischen Blick auf Veränderungen werfen und dürfen diese Veränderungen nicht als Kolonialisierung begreifen. Es darf nicht zu einem Wahrheitsregime des Beraters kommen der nur versucht das Vakuum des vorherigen „Machtregimes“ zu füllen. Denn die logische Schlussfolgerung daraus ist, dass, wenn der Berater geht es zum Chaos durch Dekolonialisierung kommt. Die erste Aufgabe eines Beraters könnte es daher sein, dass wir den Menschen helfen zu vergessen was sie wissen. Nur so können sie sich öffnen für neues.

Zusammenarbeit als Kern des agilen Handelns

Am Anfang meiner Gedanken stand eine Frage: Warum gibt es Unternehmen?

Die Antwort lautet schlicht: Weil es Aufgaben gibt die man nur zusammen bewältigen kann![1]

Das zentrale Wort in dieser Antwort kommt unscheinbar daher: „zusammen“.

Vor mehr als 10 Jahren tauchte in meiner Arbeitswelt der Begriff SCRUM auf. Hier habe ich das erste Mal den Ausdruck Agilität unter einem neuen Blickwinkel kenngelernt. Im Mittelpunkt des agilen Manifest und jedem Buchs zum Thema versteckte sich nämlich auch das schmale Adverb „zusammen“.

Beim Schätzen von Aufwänden wird „zusammen“ geschätzt. Bei Problemlösungen wird zusammen, interdisziplinär, nach Lösungen gesucht. Und nicht zuletzt beim Anforderungsmanagement ist das Erstellen von User Stories ein „zusammen“ mit Nutzern, Kunden, Entwicklern, Requirements Engineers, Produkt Ownern oder Produkt Managern etc.

Die gewollte Interdisziplinarität ist nichts anderes als ein Zusammenarbeiten von Menschen mit verschiedenen Fähigkeiten.

Ich möchte hier nicht eine weitere Abhandlung über Agilität und den Sinn und Zweck agiler Methoden schreiben. Ich möchte nur kurz vorweg stellen warum agiles Handeln so wichtig geworden sind.

In unsicheren Zeiten müssen gerade bei langlebiger Software schnell und fundiert Entscheidungen getroffen werden. Vor allem die Abhängigkeit und das Gleichgewicht von Kundensicht, Technologie und Wirtschaftlichkeit müssen im Fokus bleiben. Langwierige und hierarchische Entscheidungswege verlieren jedoch den Kunden aus dem Blick. Das zentrale Problem ist, dass eine Person, ein Produktmanager oder ein Produkt Owner alleine nicht die vielfallt der komplexen Abhängigkeiten berücksichtigen kann. Nur wenn das Produkt als Ganzes unter Berücksichtigung des Zielmarktes im Blick gehalten wird, können sinnvolle Entscheidungen getroffen werden. Wird jedoch ein Produkt in einzelne Projekte oder Funktionalitäten zerlegt geht der Blick auf das ganze Produkt[2] sowohl fachlich als auch wirtschaftlich verloren. Damit einher geht auch der Verlust des Blicks auf die Kundenbedürfnisse.

Doch wer hat im Produkt denn nun die Verantwortlichkeit?

SCRUM geht da ganz hierarchisch und absolut vor. Der Produkt Owner hat die alleinige Verantwortung.

Diese Meinung teile ich inzwischen nicht mehr. Interdisziplinarität ist auch auf der Verantwortlichkeitsebene eine Möglichkeit das „Richtige, richtig“ zu machen.

Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen und Handlungserfahrungen steht demzufolge im Mittelpunkt der weiteren Überlegungen.

Was ist nun eigentlich Zusammenarbeit?

Zusammenarbeit entsteht dann, wenn ein Problem nicht alleine zu bewältigen ist. Die Besonderheit der Zusammenarbeit liegt darin, dass Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Talente, Erfahrungen, Stärken und Schwächen ihre Eigenschaften bündeln, um das Best mögliche Ergebnis zu erzielen. Anders formuliert: Die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen und Handlungserfahrungen ermöglicht unterschiedliche Blickwinkel auf ein Problem. So sind auch Lösungen zu entwickeln die aus einem Blickwinkel alleine nicht zu erkennen sind.

Beschäftigen wir uns etwas genauer mit Interdisziplinarität. Hier liegt ein Schlüssel für die Zusammenarbeit in einem Unternehmen.

Wenn nur Menschen aus den gleichen Disziplinen, mit den gleichen Methoden, Ansichten und Handlungserfahrungen zusammenarbeiten, teilen alle die Gewissheit das richtige zu tun. Habe ich aber Gewissheit bin ich nicht mehr offen für Veränderungen. Zweifel, also ein „Infragestellen“, ist jedoch der Treibstoff für Veränderungen.

In Gruppen, in denen Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen, mit unterschiedlichen Erfahrungen und Talente zusammenarbeiten, können neue Dinge gedacht und entwickelt werden.

Damit dies funktioniert gibt es zwei grundlegende Bedingungen, quasi die Spielregeln der Interdisziplinarität:

  1. Gemeinsame Identifikation mit der Sache oder einem zu lösenden Problem: Dies ist möglich durch die Entwicklung einer gemeinsamen Challenge (Vision). Allerdings ist dabei zu beachten, dass möglichst alle Beteiligten, oder Neudeutsch: Stakeholder, einbezogen sind.
  2. Anerkennung der Fähigkeiten und Verantwortung des Anderen. Das bedeutet sehr verkürzt: Niemand im Team setzt (s)einen absoluten Wahrheitsanspruch durch.

Nimmt man diese zwei Spielregeln ernst wird klar, dass sich Teams nicht einfach auf Basis von unterschiedlicher Fachlichkeit zusammenstellen lassen. Hier liegt eine besonders spanende Führungsaufgabe in agilen Organisationen. Die einzelne Fachlichkeit spielt nämlich nicht die entscheiden Rolle. Es geht um die Fähigkeit der Teammitglieder sich untereinander anzuerkennen und nicht eigene Erkenntnisse als objektiv zu inszenieren, um diese als Wahrheit im Team durchzusetzen.

Zu diesem sich gegenseitig anerkennen kommt noch die sinnstiftende, gemeinsame Identifikation oder das gemeinsam Verständnis einer Problemsituation. Dieses Verständnis muss erarbeitet werden. Das funktioniert nur wenn der Problemlösung ein Sinn gegeben wird. Die Situation muss mit Bedeutung aufgeladen werden. Um es mit Sprenger zu sagen, wenn ein Problem erst ein 8 Semester BWL Studium braucht, um es zu verstehen, wird es nicht Sinnstiftend sein.

Wie kann Zusammenarbeit im Unternehmen gefördert werden? Die zentrale Führungsaufgabe um dies zu erreichen beschreibt ein sehr schöner englischer Begriff: Empowerment.

Empowerment ist in der agilen Welt mit Befähigung und Bevollmächtigung zu übersetzen.

Befähigung meint die Menschen mit den neuen Methoden und Leitlinien nicht alleine zu lassen, sie zu schulen, zu begleiten, zu Coachen.

Bevollmächtigen „…steht für den Freiraum zur Selbstorganisation“ (Matthias Grund in „Das demokratische Unternehmen“ S. 159).

 

[1] Vgl.: Dr. Reinhard K. Sprenger; Radikal Führen; 2012

Eine Strategie bildet die Leitplanken bei agilen Arbeitsweisen

Eine Strategie zu entwickeln ist die wichtigste Managementaufgabe in einem Unternehmen. Sie bildet die Grundlage für das Geschäftsmodell. Eine Strategie zeigt die Gestaltungsmöglichkeiten und Beschränkungen im Unternehmen auf. Das gilt ganz besonders bei agilen Arbeitsweisen, da die Strategie den Rahmen für das eigenverantwortliche Handeln der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schafft. Sie bietet die notwendige Orientierung und gibt damit den Mitarbeitern das Selbstbewusstsein eigene Entscheidungen zu treffen. Warum ist das so?

Eine Strategie geht von einer Vision mit einem Ziel aus und grenzt die Möglichkeiten zu seiner Erreichung ein. Wenn das Gegenteil einer Strategie zur Zerstörung des Unternehmens führt ist es keine Strategie, sondern eine „Trivialstrategie“. Den Umsatz um 25% zu steigern ist also keine Strategie, sondern das Ergebnis einer Strategie.

Ziele und Zielkonflikte

Das strategische Ziel ist immer ein Sollzustand der aus einer Ist-Situation heraus in einem bestimmten Zeitraum erreicht werden soll.

Eine Strategie ist jedoch stets mit Zielkonflikten verbunden, da es Aktivitäten gibt die sich ausschließen. Um in unserem Bild zu bleiben kann z.B. eine Branchensoftware die sich auf die Kinder- und Jugendhilfe spezialisiert hat nicht gleichzeitig die Prozesse der Altenpflege erfüllen, obwohl beide Zielgruppen in der Branche Sozialwirtschaft tätig sind. Natürlich gibt es Ähnlichkeiten. Will man diese ausschöpfen ist das Ergebnis jedoch immer ein Kompromiss. Dies kann zwar eine bewusste Entscheidung sein aber es muss klar sein, dass dann bestimmte Spezialitäten einer Seite nicht erfüllt werden könne. Exzellenz ist so für eine der beiden Zielgruppen nicht möglich. Ist dies Gewünscht muss es im Unternehmen besonders gut kommuniziert werden ansonsten überträgt sich der Zielkonflikt ganz tief ins operative Anforderungsmanagement.

Ein anderes, mehr ökonomisches Beispiel ist: Ein Unternehmen möchte Software vor allem billig auf einem Massenmarkt verkaufen. Dann kann es nicht gleichzeitig einen kostfreien Support anbieten. Ökonomisch schließt sich das aus, da ein Support durch seine hohen Personalkosten die Rendite senkt.

In beiden Fällen muss also eine Wahl getroffen werden. Hier ist auch die größte Gefahr im Management versteckt. Bei strategischen Zielen schließen sich Kompromisse aus, da die Ziele sonst konfus werden und für die Menschen im Unternehmen und im Zielmarkt nicht mehr nachvollziehbar sind. Die Folge ist, dass sich die Menschen abwenden. Im Markt gehen die Kunden zu Wettbewerbern wo diese Konfusion in den Zielen nicht vorherrscht. Im Unternehmen entsteht eine hohe Unsicherheit und diese führt zur Ineffizienz.

Klare strategische Ziele müssen also Zielkonflikte ausschließen. Bei gewollten Kompromissen müssen diese transparent und nachvollziehbar gemacht werden.

Rahmenbedingungen und Handlungsspielräume

Damit die Zielrichtung nicht in einer völligen Beliebigkeit mündet braucht das Unternehmen strategische Handlungsleitlinien oder auch Handlungsspielräume in dem sich die Teams zur Zielerreichung möglichst eigenverantwortlich bewegen können. Das Management legt diese Rahmenbedingungen und Leitlinien fest in denen sich die Teams bewegen können. Es ist nach meiner Erfahrung unmöglich, dass sich Mitarbeiter selber diese Leitlinien erarbeiten können. Wir werden unten weiter noch sehen woran das vor allem liegt (vgl.: Spielregeln in agilen Strukturen). Diese Leitlinien müssen passgenau zum strategischen Ziel entwickelt werden. Dabei können diese Leitlinien Budgets sein, Teamstärke, technische Möglichkeiten aber auch gesetzliche Normen. Vor allem sind die Rahmenbedingungen aber immer die definierte Zielgruppe.

Auf diese Leitlinien und Handlungsspielräume wirken immer wieder Kräfte, sog. Einflussfaktoren, die durch das Team ausgeglichen werden müssen. Aus der Aufgabe die Marktreife Konstant zu halten erwachsen hier die größten Umsetzungskonflikte.

Einflussfaktoren

Eine Strategie unterliegt verschiedenster Einflussfaktoren die auf die definierten Möglichkeiten zur Zielerreichung einwirken. Es lassen sich grundsätzlich vier Hauptbereiche der Einflussfaktoren identifizieren (vgl.: Osterwalder, Pigneur, S.: 203 ff):

  • Marktkräfte (Zielgruppe, Kunden, Anforderungen, Preisbewusstsein etc.)
  • Branchenkräfte (Verbände, Wettbewerber, Lieferanten, Dienstleister etc.)
  • Schlüsseltrends (technische Möglichkeiten und gesetzliche Rahmenbedingungen, Gesellschaftliche Trends etc.)
  • Makroökonomische Kräfte (Kapitalmärkte, globale Einflüsse, Ökonomische Infrastruktur)

Diese Einflussfaktoren müssen für jedes Produkt und oder Unternehmen individuelle definiert werden. Alle vier Einflussfaktoren sind eingebettet und damit abhängig vom Zielmarkt und der Zielgruppenpositionierung.

Die Einflussfaktoren müssen durch die Produkt-Teams beobachtet und bei Risiken an das Management berichtet werden. Da die Leitlinien und Handlungsspielräume die Orientierung bieten nicht eigenmächtig durch die Teams durchbrochen oder verändert werden dürfen. Ein Ausbrechen aus den Leitlinien ist somit zu verhindern. Wenn die Teams jedoch feststellen, dass sie Rahmenbedingungen verändern oder sich verändert haben müssen durch das Management eine Veränderung des Ziels oder der Rahmenbedingungen durchgeführt werden.

Strategien sind nicht in Zement gegossen!

Strategien müssen regelmäßig auf allen Ebenen und von allen Beteiligten überprüft werden. Die Änderungsverantwortung obliegt jedoch der Führungskraft. Es ist eine wichtige Aufgabe des Managements zu unterscheiden was sind Leitlinien, Handlungsspielräume, kurz Regeln und wann mischt sich die Führungskraft in die Umsetzung ein. Rahmenbedingungen dürfen sich nämlich nicht inhaltlich auf die Umsetzung einwirken (dazu später mehr unter: Die Produkt-Triade als zentrale Führungsrolle).

Software altert. Sorgen Sie dafür, dass sie nicht stirbt!

Es gibt einen Unterschied zwischen (aus)gereifter Software mit gutem Funktionsumfang und veralteter Software, mit Funktionen die kein Mensch mehr nutzt. Dieser Unterschied lässt sich messen, aber auch schon recht früh von außen beobachten.

  • Der Nutzer findet in der Navigation nicht den nächsten notwendigen Schritt
  • Die Masken sehen aus wie Eingabefelderwüsten. Nichts ist zu finden oder eingaben passen nicht sachlogisch zusammen
  • Fehlermeldungen häufen sich
  • Die Logik der Masken entspricht nicht den Arbeitsweisen des Nutzers
  • Es gibt keine oder zuwenig oder falsche Prozessunterstützung
  • Die Marktreife sinkt signifikant
  • Es gibt zu viele Funktionen die der Nutzer nicht braucht oder veraltet sind
  • Anforderungen werden nicht oder viel zu spät umgesetzt
  • Der Support reagiert zu langsam oder gar nicht mehr
  • Wettbewerber sind interessanter…

Als Produktmanager und „Nichtentwickler“ stellte ich eines Tages fest, dass hoch funktionale und damit komplexe Software (nach innen und außen) altert. Dies gilt besonders bei modularer, langlebiger und standardisierter Software. Äußerlich steigt die Bedienerunfreundlichkeit proportional zu der Anzahl der Features. Denn: Mit jeder Entwicklungsphase im Lebenszyklus der Software werden, oft unreflektiert auf Markt, Prozess und Nutzen, Funktionen, rein nach Kundenanforderung, eingebaut. Software scheint mit der Zeit zu altern. Da die Funktionalität nicht mehr zu den Arbeitsprozessen der Zielgruppe passt, steht am Ende zwangsläufig der Tod der Software. Es besteht jedoch die Chance auf eine Wiedergeburt, wenn man rechtzeitig die veränderten Technologien und Anforderungen, Arbeitsweisen und Marktgegebenheiten in die Arbeit einbezieht.

Softwarealterung scheint immer nach dem gleichen Muster abzulaufen. Aus diesem Grund verwende ich bei Software ein 7 Phasenmodell des Produktlebenszyklus anstatt das übliche 4 bzw. 5 Phasen Model. Innerhalb der  7 Phasen der Alterung konnte ich 14 Effekte identifizieren. Spannenderweise lassen sich die 7 Phasen mit dem Lebensweg und Wachstumsweg eines Menschen vergleichen. Moderne Software sollte idealerweise ja auch ein iterativ, inkrementell anwachsendes Produkt sein, stetig besser, umfangreicher, erwachsener. Kurz sie lebt!

1.    Die Geburt: Ein oder mehrere geniale Entwickler haben für einen bestimmten Kunden eine tolle Idee. Der Kunde ist begeistert und setzt die Software aktiv ein. Der Kunde stellt natürlich weitere Anforderungen die bereitwillig umgesetzt werden, schließlich weiß der Kunde ja am besten was er braucht. Die ersten Gehversuche sind noch etwas holperig aber mit stolzen Eltern.

2.    Schulzeit: Weitere Kunden hören von der Software nur gutes und kaufen die Lösung auch. Diese Kunden stellen weitere Anforderungen die auch aus Sicht des Softwarehauses sinnvoll sind, denn schließlich wissen die Kunden ja am besten was sie brauchen. Die Software lernt quasi.

3.    Pubertät: immer mehr Kunden aus der gleichen Zielgruppe kommen hinzu und stellen Anforderungen. Da grundsätzlich jeder Entwickler das Ziel verfolgt, dass die Nutzer, damit die Kunden, die Software gerne benutzen, werden die Anforderungen umgesetzt. Denn: Eine Software wird gerne benutzt, wenn sie die Probleme der Anwender löst. Besonders gerne werden Anforderungen umgesetzt, wenn der Kunde dafür auch noch bezahlt. Eine Prüfung auf Marktrelevants, also dem Wiederverkaufswert der Anforderungen, findet nicht statt. Ungeduld und der Wunsch nach dem schnelle „Erwachsen werden“ treibt, wie bei Jugendlichen auch, die Software.

4.    Es entsteht eine „Projektsoftware“. Diese Lösung bildet die Prozesse der vorhandenen Kunden ab.

5.    Erwachsener: Die Software wächst und wächst. Feature an Feature wird hin zu gefügt. Die Software wird zur „Nutzergruppensoftware“. Man fühlt sich sicher, hat Erfolg, ist stolz auf geleistetes. Man setzt „Fett“ an. Fitness wird dem Erfolg untergeordnet. Bei Software zeigt sich das häufig an schneller Umsetzung von Kundenanforderungen zum Preis schlechten Codes.

6.    Dann, für das erfolgsverwöhnte Unternehmen aus heiterem Himmel, kommen nicht mehr so viele neue Kunden hinzu. Das Wachstum verlangsamt sich. Der Vertrieb fängt an vor allem nach Kunden zu suchen die zur Software passen.

7.    Die Anfragen beim Support steigen und damit die Unzufriedenheit der Kunden. Gerne wird dann damit reagiert den Support aufzustocken, damit die „Tickets“ nicht liegen bleiben.

8.    Midlifecrisis: Die Anzahl der nicht umgesetzten Anforderungen steigt im Verhältnis zur Anzahl der Kunden. Es gibt also immer mehr Anforderungen obwohl die Anzahl der Kunden nicht steigt. Ein Hinweis auf ein Sinken der Qualität und der Marktreife (vgl.: meine Artikel: Was bedeutet eigentlich Marktreife).

9.    Die Software unterstützt nur noch unzureichend die Prozesse der Kunden. Oft kann die ursprüngliche Anwendung auch keine vollständigen Prozesse unterstützen, da Funktion an Funktion entwickelt wurde ohne vorher den Gesamtprozess beim Kunden zu analysieren. Entscheidungen in der Organisation dauern inzwischen zu lange. Jetzt treffen das erste Mal bei Entscheidern unterschiedliche Ordnungsvorstellungen hart aufeinander. Es kommt zu Konflikten bei der Suche nach den besten Lösungen. Es ist die typische Phase des Zweifels und der Orientierungslosigkeit. Oft geht es einher mit unreflektierten Handlungen. Wo bekomme ich jetzt bloß meine Harley her?

10. Die Software fängt an Instabil zu werden. An einer Stelle der Software wird etwas geändert und an der anderen kommt es zum Fehler, dessen Korrektur wieder einen neuen Folgefehler auslöst.

11. Alter: Die Marktreife des Produktes sinkt. Wettbewerber sind schneller mit neuen Funktionen am Markt. Es wird gestritten was die nächsten sinnvollen Schritte zur Erfolgssicherung des Unternehmens sind. Grabenkämpfe im Management kommen auf. Es kommt zur „Lagerbildung“ im Unternehmen. Man sucht Kunden die die Probleme des Unternehmens lösen.

12. Die Kosten fressen die Erlöse auf. Kunden wandern ab, die Zahl der Anforderungen steigt überproportional. Die Rendite sinkt.

13. Der Umsatz sinkt – Das Unternehmen kommt in ein Schieflage und wird ein Pflegefall.

14. Tod: Dies Software oder gar das ganze Unternehmen stehen vor der Entscheidung die Lösung zu Refakturieren, neu zu entwickeln, moderne Lösungen zu kaufen oder sich selber zu verkaufen.

Das Unternehmen steht vor einer Sanierung oder Restrukturierung die sowohl einen finanziellen wie auch menschlichen Kraftakt verlangt. Viele Softwarehäuser haben nicht die finanzielle Stärke so eine Veränderung zu leisten. Am Ende steh das Verschwinden vom Markt.

Spannender Weise gibt es keine zeitliche Komponente bei dem Ablauf. Einzelne Phasen können durchaus über Jahre laufen. Besonders die Stufe 5, der Erwachsene, lässt sich nicht zeitlich spezifizieren. Es kann jungen Unternehmen, sogar Start Up’s passieren nach wenigen Jahren schon in den Effekt 6 und dann sehr bald in die Midlifecrisis zu fallen. Während andere Unternehmen den Punkt erst nach 20 Jahren erreichen.

Nach meiner Erfahrung tritt dieser Lebenszyklus besonders dann auf, wenn sich die Produktentwickler am Anfang nicht sicher sind, ob sie Individuallösungen, eben Projektsoftware, machen wollen oder eine Standardisierung. In letzter Zeit habe ich beobachtet, dass vielen am Anfang auch die Zielgruppe noch nicht klar bzw. die Zielgruppen noch nicht geschärft waren. Dies ist aber Grundlage, um Software lange erfolgreich zu halten. Es ist ohne eine klare Zielgruppendefinition nicht möglich die notwendige Prozesslandkarte zu definieren. Es ist wie bei uns Menschen, die entscheidenden Weichen werden in der Pubertät und als junger Erwachsener gestellt.

In den späteren Lebensphasen müssen immer wieder die Zielgruppen und Prozesslandkarten überprüft werden. Sie sind die Ziele für das Produkt. An dieser Stelle braucht es neue Führungskulturen und Arbeitsweisen nach dem Prinzip „interaktiver testender Agilität“ (Nach Kruse & Greve 2014).

Kommt Ihnen das Bekannt vor? In welcher Phase stehen die Produkte Ihres Unternehmens?

Agile Unternehmen brauchen den philosophischen Überbau eines autonomen Menschenbildes

Ein etwas längeres Essay

Mein verständlicher Wunsch „Macht“ loszuwerden ist leider auch nur ein Durchsetzen einseitiger Interessen. Somit auch wieder Macht. Machtvolles Handeln kann also nicht eliminiert werden, da dies auch nur wieder eine machtvolle, einseitige Gegenposition ist. Ergo: Macht kann man nicht mit Macht beantworten, um etwas zur Freiheitlichkeit zu verändern.

Eine Organisation die Ihre Werte und ihr Handeln aus einer Philosophie des freiheitlichen Handelns zieht braucht folglich Gegenmodelle zur Macht. Auf einen Machtanspruch durch Personen können nur freiheitliche Handlungsmuster die Antwort sein. Doch was können das für Antworten sein?

In einer agilen Organisation, die auf Eigenverantwortung und Respekt vor den Fähigkeiten anderer aufgebaut ist muss es einen philosophischen Überbau geben.

Wie kann ein philosophischer Überbau in einem Unternehmen aussehen?

Vor allem braucht es ein tiefes Verständnis davon, dass ein Unternehmen aus der Kombination verschiedener Lebenswelten von Menschen besteht. Die Lebenswelt eines Menschen entwickelt sich Zeit seines Lebens durch Eindrücke, Erfahrungen und seiner subjektiver Deutungen. All dieses ist eingebettet in seine kulturellen Lebensräume. Der Mensch ist demnach ein von Handlung, subjektiver Deutung und Interaktion durchdrungenes Wesen.

Der zentrale Wert des philosophischen Überbaus ist die Autonomie des Individuums. Dieses Konzept setzt voraus, dass Menschen in der Lage sind, selbst Entscheidungen zu treffen. Autonomie ist, u.a. nach Emanuel Kant, die Fähigkeit des Menschen, „sich selbst entscheiden“ zu können. Es beinhaltet die Fähigkeit sich ein Bild von der Wirklichkeit zu konstruieren, Regeln zu entwickeln und auf Basis subjektiver Deutungen bestimmte Verhaltensmuster zu entwickeln. Autonomie ist die Bewegung zur Unabhängigkeit und Selbstverantwortlichkeit.

Betrachten wir kurz wie Lernen in diesem Menschenbild angelegt ist. Eine autonome Handlung braucht für den Menschen Bedeutung oder auch einen Sinn. Bedeutung kann nicht vorgegeben werden, sondern wird durch den Menschen selber hergestellt. Dies geschieht meistens Kooperativ, also in Vereinbarung zu einem Anderen, auch einer anderen Gruppe. Bedeutung wird also in einem Kontext erzeugt. „Lernangebote“ werden somit auf die eigene Lebenswelt abgeglichen. Der Mensch stellt sich also die Frage: hat dieses Angebot für mich ein Bedeutung. Wenn es passt wird dem Lernangebot in die eigen Lebenswelt integriert. Es wird auf diese Weise mit Bedeutung und Sinn „aufgeladen“. Damit das funktioniert braucht Bedeutungserzeugung Spielräume in den es eine Auswahl gibt.

Unter diesen Gesichtspunkten benötigt ein agiles Unternehmen eine andere Führungskultur. Führung versteht sich unter diesen Gesichtspunkten nicht mehr als „Leitend“, „Anweisend“ sondern Sinnstiftend und Orientierung gebend. In der Organisation braucht es eine „Angebotskultur“ die akzeptiert, dass die Menschen auf Basis Ihrer Lebenswelten andere Entscheidungen treffen als man selber.

Ein erfolgreiches Unternehmen muss den Menschen mit ihren unterschiedlichen Lebenswelten einen gemeinsamen Sinn stiften. Dies geschieht durch Angebote von Handlungen, Leitlinien, Produkten etc. die zu den Lebenswelten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern passen. Oder besser; es sind Angebote die in die eigene Lebenswelt integriert werden.

Angebote brauchen trotzdem Leitlinie und gemeinsame Ziele sonst wird das Verhalten beliebig und anarchisch.

Fortsetzung folgt…

https://www.linkedin.com/pulse/agile-unternehmen-brauchen-den-philosophischen-überbau-lachmann

In einer modernen agilen Organisation muss zuerst Macht eliminiert werden

Ein kurzes Essay

Freiheit und Macht stehen in einer agilen Organisation in einem direkt Widerspruch. Agile Methoden basieren auf freiheitlichem Handeln. Das Model beinhaltet Respekt für die Fähigkeiten des Anderen und einem konstruktivistischen Menschenbild. Zusammengefasst ist Freiheit, die Freiheit zwischen Möglichkeiten wählen zu können. Das geschieht ohne äußeren Zwang, auf Basis der eigenen Erfahrungen, eigenen Recherchen und Überlegungen. Freiheitliches Handeln bedeutet auch sich Rat zu holen und mit anderen in einen Diskurs zu gehen, um eine Entscheidung zu treffen.

Freiheit braucht trotzdem Regeln. Diese Regeln sind die Handlungsmöglichkeiten oder auch Spielräume. Manchmal geben Gesetze, als soziale Normen, diese Regeln vor. Manchmal sind es Unternehmensstrategien oder auch technische Möglichkeiten. Regeln müssen auf alle Fälle sozial anerkannt sein. Aber Achtung: sind diese Regeln nicht Transparent und mit Sinn aufgeladen, können Sie nicht sozial anerkannt sein und die Organisation driftet in eine Beliebigkeit und damit in eine anarchische Organisation.

Eine freiheitliche Organisation braucht daher ein sozial genormtes Regelwerk. Das ist sicherlich eine der schwierigsten Aufgaben des Managements.

Macht stellt, im Gegensatz zur Freiheit, die Fähigkeit einseitig Interessen durchzusetzen in den Mittelpunkt des Handelns. Dabei können diese Interessen den einseitig definierte Ziele einer Person oder eine Interessensgruppe dienen. Das Durchsetzen von diesen Ziele erfolgt in der Regel unter Zwang und ohne sich selbst äußeren Ansprüchen gegenüber beteiligten Personen zu unterwerfen oder diesen entgegenkommen zu müssen/wollen.

Stehen in einer Organisation auf der Führungsebene Macht und Freiheit in einem Widerspruch kommt es zu einem Konflikt. Der ist erst verdeckt, exportiert sich dann über die Bereiche und wird zu einem offenen Konflikt zwischen den Haltungen und kann am Ende zur Zerstörung der Organisation führen.

Siehe auch:

https://www.linkedin.com/pulse/einer-modernen-agilen-organisation-muss-zuerst-macht-werden-lachmann

Was bedeutet eigentlich Marktreife bei Software?

Software hat die Aufgabe Arbeitsprozesse in der Zielgruppe zu unterstützen, abzunehmen oder zu erleichtern. Dies geschieht in der Regel durch Funktionen, Workflows oder auch Automatisierungen. Die Marktreife beschreibt wieviel Prozent der benötigten Prozesse in der Zielgruppe durch die Software unterstützt werden. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass ein Produkt reif für die Einführung am Markt ist, wenn 60% der in der Zielgruppe benötigte Prozesse unterstützt werden. Damit fangen die Innovatoren in der Zielgruppe an die Software einzusetzen. Dieser Zielgruppe muss hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden. Sie sind die Wenigen die später Kunden mitziehen. Sie sind diejenigen die „hier“ rufen wenn die Mehrheit fragt wer das Produkt denn schon einsetzt. Über die Early Adopter ist schon hinlänglich geschrieben worden. An dieser Stelle möchte ich nur noch drauf hinweisen, dass sich über sie die Marktreife immer wieder gut ermitteln lässt. Sie sind ehrlich, wohl gesonnen und wissen um die Schwierigkeiten in dieser frühen Phase.

Die höchste Marktreife eines  standardisierten Produktes ist erreicht, wenn 80%-85% der benötigten Prozesse in der Zielgruppe in dem Produkt unterstützt werden. Mehr ist für ein standardisiertes Produkt nicht möglich. Alles darüber sind Individualprogrammierungen. Ab einer Marktreife von ca. 75% muss man also sehr genau darauf achten was für Anforderungen man Umsetzt und welche nicht.

Zur Einteilung in welcher Phase die Software sich befindet habe ich ein 7 Phasenmodel der Produktreife gewählt. Ist das Produkt in der Erwachsenenphase (vergleichbar mit einem Teil der klassischen Reifephase) muss darauf geachtet werden, dass die Marktreife konstant gehalten wird. Konstant bedeutet auch Funktionen wieder auszubauen wenn sie nicht mehr zu den benötigten Prozessen in der Zielgruppe gehören. Konstanz bedeutet aber auch die Softwarearchitektur und Usability auf der Höhe der Zeit zu halten. Dies ist eine Aufgabe die ein Produktmanager alleine nicht bewältigen kann. Die Kooperation zwischen Architekten, Designer, Entwicklern, Vertreib, Marketing, Produktmanager oder Produkt Owner und Kunden ist für die Konstanz der Marktreife unerlässlich.

Um die Marktreife erheben zu können muss man die Zielgruppe ziemlich gut kennen. Es braucht eine Prozesslandkarte die alle Prozesse abbildet die in der Zielgruppe durchgeführt werden. Das sind 100% Marktreife. Jetzt müssen die wichtigsten 80% identifiziert werden Es hilf dazu einen Funktionskatalog zu erstellen. Beide Metriken müssen immer wieder in der Zielgruppe überprüft werden. Gegen diese Metriken werden die tatsächlichen Funktionen gehalten. Die Entwicklung der Prozesslandkarte sollte spätestens in der Lebensphase der Schulzeit durchgeführt werden.

Wird die Marktreife regelmäßig erhoben ist die Kennzahl nicht nur ein gutes Vertriebsinstrument, sondern auch eine Qualitätskennzahl die als Frühwarnindikator zu sehen ist. Nach meiner Erfahrung sinkt nämlich dummerweise immer die Marktreife bevor der Umsatz sinkt.

Warum der Umsatz ihnen nicht verrät, dass sie in Schwierigkeiten sind?

-Eine Polemik-

Sie sind mit Ihrem Umsatz zufrieden, abgesehen davon, dass es immer bessergehen kann? Ja? …

Ok!

Dann habe ich mal sechs Fragen:

  • Steigt die Anzahl der Fehlermeldungen im Verhältnis stärker als die Anzahl der Kunden?
  • Werden Anforderungen zu spät oder gar nicht umgesetzt?
  • Wie hoch ist die Unzufriedenheitsrate bei Ihren Kunden?
  • Wie lange dauern Entscheidungen in Ihrem Unternehmen?
  • Wissen Ihre Mitarbeiter warum sie im Unternehmen arbeiten?
  • Sind Ihre Wettbewerber schneller?

Nach meiner Erfahrung sagt der Umsatz überhaupt nichts über den Erfolg eines Unternehmens aus.

Bevor der Umsatz sinkt werden immer erst die Kunden unzufrieden. Warum ist das so?

Ein Produkt hat die Aufgabe Arbeitsprozesse in der Zielgruppe zu unterstützen, abzunehmen oder zu erleichtern. Dies geschieht in der Regel durch Funktionen, Workflows oder auch Automatisierungen. Bei Software ist es also wichtig, dass der Anwender mit der Software deutlich schneller und sichere Arbeiten kann, als ohne die Software. Wird dieses Nutzenversprechen nicht oder nur schlecht eingelöst wird der Kunde unruhig.

Wie lässt sich jetzt erkennen, dass diese Kundenunruhe zum Risiko wird?

Software ist niemals Fehlerfrei. Also sind Fehlermeldungen normal. Je mehr Kunden ein Produkt nutzen, desto mehr Fehler werden auch gemeldet, da die unterschiedlichen Nutzer die Software eben auch unterschiedlich verwenden. Steigt jedoch die Anzahl der Fehlermeldung überproportional zu dem Kundenanstieg ist das ein Zeichen, dass irgendetwas im Argen liegt.

Das Gleiche gilt auch für Anforderungen. Hier gilt normalerweise die gleiche Logik.

An dieser Stelle bringe ich immer noch die Marktreife als wichtigen Indikator ins Spiel. Die Marktreife beschreibt wieviel Prozent der benötigten Prozesse in der Zielgruppe durch die Software unterstützt werden. Sinkt dieser Wert wird in der Folge, leider verzögert, die Kundenzufriedenheit sinen.

Sind alle drei Metriken negativ stecken Sie schon mitten im Risiko. Kunden rufen vermehrt an, der Helpdesk ist überfordert, sie stellen mehr Supporter ein, damit die Kunden ruhiggestellt werden. Damit beginnt die Abwärtsspirale, da Sie damit das Absenken des Deckungsbeitrags eingeläutet haben.

Aber auch im Unternehmen gibt es Indikatoren. Steigen die Fehlermeldungen und Anforderungen schneller als sie zu lösen sind müssen auch schneller Entscheidungen getroffen werden. Manchmal hilft ein klares nein. Dafür muss aber Verantwortung für Entscheidungen der Vergangenheit übernommen werden und wer macht das schon gerne, besonders wenn er das selber nicht mal zu verantworten hatte? Als Folge werden die Entscheidungen hin und her geschoben. Es gibt eMail Ping-Pong und mache notwendige Entscheidung gammelt in irgendeinem Postfach vor sich hin. Kurz: notwendige Entscheidungen dauern länger.

Wenn Sie jetzt zu Ihren Mitarbeitern gehen und Fragen warum er eigentlich in Ihrem Unternehmen arbeitet und er kann darauf nichts sagen oder verliert sich in Allgemeinheiten ist Ihr Unternehmen in einer Krise.

Und geht es Ihnen manchmal so, dass sie sich Fragen warum die Wettbewerber schneller oder Innovativer am Markt sind? Wenn das der Fall ist stecken sie mitten im Innovationsstau.

Der nächste Schritt ist der signifikante Umsatzrückgang.